Zuordnung der passenden Keplerelemente (05.05.2008)

Nach dem Start neuer Satelliten kommt es immer wieder zum gleichen Problem – Welche TLE gehören zu welchem Satelliten?
In der der Regel werden die neuen Satelliten innerhalb weniger Sekunden nacheinander separiert und fliegen daher am Anfang in unmittelbarer Nähe zueinander. Nach kurzer Zeit sind die Objekte klassifiziert und von NORAD katalogisiert – aber nicht immer den richtigen Satelliten zugeordnet.

Hier also mal ein Denkansatz zur Ermittlung der besten TLE. Voraussetzung ist allerdings ein Satellit, der ein kontinuirliches Signal erzeugt. Am besten geeignet sind CW oder PSK Aussendungen. Hier ist meistens auch die Oszillator- oder Mittenfrequenz des NF-Signals bekannt. Aber auch FM Aussendungen sind trackbar, wenn man sie im CW-Mode empfängt.

Verfolgen wir das Ganze mal am Beispiel von SEEDS. Dieser Cubesat sendet seine Telemetrie in CW (A1A). Die NF-Mittenfrequenz des Signals beträgt etwa 900Hz, die Downlinkfrequenz beträgt 437.485 MHz. Es gibt momentan 4 verschiedene Keplersätze, die ziemlich nah beieinander liegen – NORAD #32785 (C), #32787 (E), #32788 (F) und #32791 (J).

32785 C
1 32785U 08021C   08126.70013395  .00000496  00000-0  70369-4 0   350
2 32785 097.9968 186.7182 0013353 273.4836 086.4845 14.81353430  1116  
32787 E
1 32787U 08021E   08126.69989595  .00000223  00000-0  35352-4 0   287
2 32787 097.9926 186.7095 0014505 276.3618 083.5931 14.81397994  1112  
32788 F
1 32788U 08021F   08126.63182546 -.00000130  00000-0 -96728-5 0   298
2 32788 097.9923 186.6415 0014054 278.0845 081.8951 14.81501636  1107  
32791 J
1 32791U 08021J   08126.70059997 -.00000427  00000-0 -47796-4 0   247
2 32791 097.9948 186.7132 0014581 273.2707 086.6847 14.81255027  1088  

Verlauf der Downlinkfrequenzen (+/- Doppler)Mit einer entsprechenden Software und den aktuellen TLE kann man nun die Dopplerfrequenz für einen bestimmten Durchgang jedes Satelliten berechnen. Beträgt die Dopplerkorrektur 0 Hz befindet sich der Satellit im TCA (Time of Closest Approach) – also den Zeitpunkt der größten Annäherung eines Satelliten.

20:15:50;437487.34;2.34
20:15:51;437487.23;2.23
20:15:52;437487.12;2.12
20:15:53;437487.00;2.00
20:15:54;437486.89;1.89
20:15:55;437486.78;1.78
20:15:56;437486.66;1.66
20:15:57;437486.55;1.55
20:15:58;437486.43;1.43
20:15:59;437486.32;1.32
20:16:00;437486.20;1.20
20:16:01;437486.08;1.08
20:16:02;437485.96;0.96
20:16:03;437485.85;0.85
20:16:04;437485.73;0.73
20:16:05;437485.61;0.61
20:16:06;437485.49;0.49
20:16:07;437485.37;0.37
20:16:08;437485.25;0.25
20:16:09;437485.14;0.14
20:16:10;437485.02;0.02
20:16:11;437484.90;-0.10
20:16:12;437484.78;-0.22
20:16:13;437484.66;-0.34
20:16:14;437484.54;-0.46
20:16:15;437484.42;-0.58
20:16:16;437484.30;-0.70
20:16:17;437484.19;-0.81
20:16:18;437484.07;-0.93
20:16:19;437483.95;-1.05
20:16:20;437483.83;-1.17
20:16:21;437483.72;-1.28
20:16:22;437483.60;-1.40
20:16:23;437483.48;-1.52
20:16:24;437483.37;-1.63
20:16:25;437483.25;-1.75
20:16:26;437483.14;-1.86
20:16:27;437483.03;-1.97
20:16:28;437482.92;-2.08
20:16:29;437482.80;-2.20
20:16:30;437482.69;-2.31

Gehen Wir davon aus, dass der Satellit auf seiner Nominalfrequenz (437.485.0MHz) sendet, müsste das Audiosignal bei exakt dieser Empfangsfrequenz eine NF Frequenz von 900Hz haben. Dieser Augenblick ist unser TCA.
Also monitoren wir genau diese Frequenz in der Betriebsart CW. Irgenwann wird das Signal an der oberen grenze unseres NF Filters erscheinen. Wir hören eine hohe Frequenz, die sehr schnell abnimmt und nach wenigen Sekunden an der unteren NF Filterbandbreite wieder verschwindet. Irgendwo in dieser kurzen Zeit betrug die Audiofrequenz 900Hz – und genau das war unser TCA. Jetzt brauchen wir nur noch diese ermittelte Zeit mit den berechneten TCA Werten der einzelnen TLE zu vergleichen und finden hoffentlich eine Übereinstimmung.

Da das Ganze natürlich sehr schnell geht, zeichnet man das Audiosignal auf. Wie kann man aber im Audiofile den richtigen Zeitpunkt des TCA bestimmen? Nun, es gibt Recording-Software, die einen TimeStamp generiert (z.B. RecAll-PRO von Sagebrush Systems). Es geht aber auch einfacher. Man startet die Aufnahme exakt zu einer bestimmten Uhrzeit (z.B. 20:10:00 UTC). Man analysiert das Audiofile nun mit einer Spektrum-Analyse-Software (Spectran, Gram usw.). Diese generieren auch einen TimeStamp, zu diesem man einfach diese Startzeit addiert. Nun sucht man den NF Punkt mit 900Hz und erhält so die TCA.

In der Praxis zeigt sich diese Methode allerdings nicht ganz so erfolgreich. Wir sind oben von idealen Bedingungen ausgegangen. Sendet der Satellit wirklich noch auch 437.485.0 MHz – oder hat sich der Oszillator durch Temperatureinflüsse, durch mechanische Beanspruchung beim Start evtl. etwas verstimmt? Ist die genaue Oszillatorfrequenz des CW Generators bekannt? Sind die TLE genau?

In meinem Beispiel ergibt sich ein Versatz von 40 sec. Einen Fehler habe ich allerdings schon erkannt – das Signal wird in CW gesendet – ich habe aber in USB Stellung aufgezeichnet.

… ein anderer Lösungsansatz (06.05.2008)

Aus den Diskussionen mit Gerd, DB3DH habe ich den Grundgedanken aufgegriffen und ein ganz anderes Experiment gemacht:
Mit einem kleinen Script habe ich den Frequenz/Zeitverlauf des Transceivers aufgezeichnet. Ich habe also manuell versucht die Audiofrequenz des CW Signals auf etwa 900Hz zu halten. Wichtig: Receiver muss auch in der Stellung CW stehen. Jede Sekunde wird nun die Downlinkfrequenz des FT-736 mit einem Zeitstempel in ein File geschrieben. Schon beim Durchgang merkt man, dass man nur in 10Hz Schritten nachregeln muss…

Frequenzverlauf des CW Audiosignals über die ZeitDanach habe ich aus den aktuellen TLE der Cubesats die Frequenzkurve (Downlink +/- Doppler) berechnet. Bei der Auswertung der Kurven sieht man, dass sich nur zwei Kurven direkt decken. Ich war selbst etwas über die Genauigkeit erstaunt. Nämlich die manuelle Kurve und die vom Object J – 32791.

Verlauf der Downlinkfrequenz (+/- Doppler über die ZeitZudem habe ich SEEDS wirklich bis zu einer Elevation von 0.5° gehört. Gemäß der Keplersätze ist SEEDS der letzte Satellit in diesem Cluster und danach kommt erst mal kein Cubesat mehr. Diese Methode führt aus praktischer Sicht zum Erfolg.

Vergleich von Keplersätzen

Beispiel: CUTE1.7+APD II (12.05.2008)

Ich habe mal ein kleines Programm zusammen geschrieben und meinen FT-736 in folgender Weise gesteuert. Für die geraden Sekunden berechne ich die Dopplerwerte für OBJECT C und für die ungeraden Werte die für OBJECT J. Der TRX wird nun ständig zwischen beiden berechneten Frequenzen umschalten. Das Audiosignal werte ich dann mit einer Spektrum-Software aus. Bei AOS und LOS kann man gut erkennen, dass beide Frequenzen nahezu identisch sind. Die Frequenzunterschiede im TCA betragen etwa 200-300Hz. Da wir die Oszillatorfrequenz des CW Signals nicht kennen, ist es noch ziemlich schwierig, hier eine klare Trennung zu finden. Die tiefere Frequenz gehört zu Object L, die höhere zu Object C.

Inspiriert hatte mich Colin (VK5HI), der hat das ganze mit 2 Transceivern gemacht. Zudem hatte er noch unterschiedliche Programme zur CAT Steuerung benutzt – da habe ich mir gedacht – das kann nicht so genau sein. Also (und weil ich nur einen Transceiver hab) habe ich mir dann die “Umschaltung” ausgedacht. Mann kann das sicherlich noch auf mehrere Satelliten und sogar verschiedene Frequenzen erweitern – mein erster Ansatz war aber mal zu sehen, ob es überhaupt so funktioniert. Zur Auswertung nutze ich vorhandene Spektrumanalyse Software – hier GRAM und Spectrum Laboratory (*).

Da Colin auf die Idee kam, dass CUTE auch Object G sein könnte, hab ich mal im letzten Durchgang diese beiden TLE verwendet. Das Ergebnis ist klar – NEIN. Aber schön zu sehen ist es, wie die Abweichung im TCA ein Maximum hat. Zwischendurch erkennt man auch das Signal von COMPASS.